Andrea Schacht
Kyria & Reb – Bis ans Ende der Welt
Reihe: Band 1
Verlag: Egmont INK
Format: gebunden, 384 Seiten
Erscheinungstermin: 02 / 2012
Preis: 17,99 €
ISBN: 978-3863960162
Als die siebzehnjährige Kyria erfährt, dass sie bald sterben wird, will sie nur noch eines: aus ihrem goldenen Käfig, des von Frauen regierten New Europe, entkommen. Denn ihre Mutter ist eine bedeutende Politikerin und eine Frau, die Kyria eigentlich kaum kennt. Da kommt ihr der junge Reb gerade recht, der mit bösen Wunden in dasselbe Heilungshaus eingeliefert wurde, in dem auch Kyria untergebracht ist. Gemeinsam flüchten die beiden aus dem Hospital in die Welt der Rebellen. Während Kyria zu ihrer Freundin Hazel in eines der entlegenen freien Reservate will, hat Reb eine wichtige Aufgabe. Schon bald findet Kyria heraus, dass sie mitnichten sterbenskrank ist, aber jemand aus New Europe ihren Tod will … und, dass Reb ihr mehr bedeutet als sie jemals gedacht hätte. Nach einer Pandemie auf der gesamten Welt, ausgelöst durch den Einsatz einer biologischen Waffe, ist die Zahl der Menschen weit zurückgegangen. Vor allem Männer sind der Krankheit zum Opfer gefallen. Seitdem beherrschen Frauen Politik, Wirtschaft, Religion – die gesamte Welt. Männer werden dank hormonangereicherter Nahrung zu verweichlichten, den Frauen nützlichen, Individuen, die niedere Arbeiten verrichten und Kinder zeugen dürfen. Aus der Geschichte hat man schließlich gelernt, denn Männer zettelten seit jeher brutale Kriege an. Doch sind Frauen an der Macht weniger korrupt? Ist dieses New Europe eine friedlichere Welt, in der Menschen dank persönlicher Ids ständig und zu jeder Zeit überwacht werden?
Andrea Schacht baut in diesem ersten Teil der Kyria-&-Reb-Reihe ein ungeheuer detailreiches und vielschichtiges Setting auf; so umfangreich, dass man kaum alle Zusammenhänge vollkommen begreift. Erst gegen Ende des Buches hatte ich den Eindruck weitgehend hinter das politische System und die „fremde“ Kultur gestiegen zu sein. Zum einen Teil ist es Segen; denn die komplexe Welt der siebzehnjährigen Kyria ist wirklich einfallsreich und sehr zukunft-fortschrittlich dargestellt. Zum anderen Fluch, denn gleichzeitig ist diese Welt manchmal schon etwas konfus.
Dennoch fand ich mich schon nach den ersten Seiten in dieser gänzlich fremden Welt wieder und war vollkommen gebannt. Mehr noch, konnte ich dieses Buch einfach kaum aus der Hand legen.
Es ist nicht so, dass mich die Charaktere gleich zu Beginn in ihren Bann geschlagen hätten. Gerade mit Reb hatte ich anfänglich so meine Probleme, wirkte er doch wortkarg, kalt und abweisend auf mich. Kyria hingegen war die perfekte „Elitezicke“, wie Reb sie immer wieder nannte und zu Anfang nicht vollkommen sympathisch für mich. Und trotzdem konnte ich nicht aufhören zu lesen. Zum einen mag dies an Andrea Schachts tollem, wirklich auf den Punkt gebrachten Schreibstil, liegen. Hier erscheint nichts plump, und auch nicht unbedingt jugendhaft. Die Schreibe der Autorin ist pointiert und auf das Wesentliche beschränkt. Hier ist kaum von ausladenden Beschreibungen zu lesen, und das hat mir wirklich gefallen. Dadurch fliegt man von Seite zu Seite und vergisst alles um sich herum.
Zum anderen fand ich diese Welt der Frauen, die die Männer zu Schoßhündchen reduziert hatten, diese Welt, die dennoch nicht ohne Korruption, Mord und Intrigen auskommt, interessant und facettenreich gestaltet. Hier ist nicht alles wie es scheint, und vieles „entdeckt“ man mit den beiden Hauptfiguren gemeinsam.
Und plötzlich hatte ich Kyria und Reb gern und wollte nicht mehr von ihrer Seite weichen, musste unbedingt erfahren, warum man Kyrias Leben bedrohte.
Letzteres erfährt man leider nicht in diesem Band, denn die Geschichte endet mit einem ziemlich fiesen Cliffhanger, so dass ich die letzte Seite gelesen hatte und am liebsten sofort (und nahtlos) im nächsten Teil weitergelesen hätte (ich überlege tatsächlich noch, ob ich Band 2 möglichst bald ordern soll, denn dieses Buch hier hatte ich lediglich geliehen).
Kyria und Reb haben sich für meinen Geschmack während der gesamten Geschichte weiter entwickelt, und wurden mir nahezu mit jedem Kapitel sympathischer. Auch andere Charaktere trugen zu einer dichten, atmosphärischen und fesselnden Geschichte bei. Und obwohl ich mir wirklich den Kopf zerbrochen habe, warum die Geschichte mich so fesselte, kann ich es nicht gänzlich genau benennen. Es ist nicht so, dass die Ereignisse dieses Buches mir den Atem geraubt hätten, es passiert nichts Schlag auf Schlag. Und doch hat diese Geschichte für mich vorallem eines: Charme.
Fazit: Andrea Schacht hat mich mit diesem ersten Band ihrer dystopischen Jugendbuch-Reihe um die beiden Jugendlichen Kyria und Reb wirklich in den Bann gezogen. Ein ausgeklügelter Plot, der zwar manchmal etwas vorhersehbar war, mixte sie mit einer wunderbar ausgefeilten Darstellung einer zukünftigen Welt. Die Liebesgeschichte, die natürlich nicht fehlen darf, mag schon zu Anfang absehbar sein. Doch die Art und Weise, wie Andrea Schacht Kyria und Reb trotz ihres Schicksals zueinander finden lässt, strahlt einen gewissen Zauber aus, dem man sich wohl kaum entziehen kann. Ich hätte mir ein weniger dramatisches, offenes Ende gewünscht. Für mich sticht diese Reihe aus der Masse der Dystopien eindeutig heraus.