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Rezension: Terry Pratchett, Stephen Baxter: Die Lange Erde

Terry Pratchett, Stephen Baxter
Die Lange Erde 

Verlag: Manhattan
Format: Paperback, 400 Seiten
Erscheinungstermin: 10 / 2013
Preis: 17,99 €
ISBN: 978-3442547272

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Dem Wissenschaftler Willis Linsay ist es zu verdanken, dass eines Tages allerlei Kinder und Jugendliche damit beschäftigt waren, nach einem Bauplan im Internet, einen sogenannten „Wechsler“ zu bauen und von unserer Erde auf andere Erden zu wechseln. Plötzlich wurden hunderte Kinder vermisst. Denn einmal gewechselt, trauten sie sich nicht zurück, waren verunsichert und verängstigt. Für Joshua Valienté hingegen, war dieser Tag etwas ganz besonderes, denn auch er baute seinen Wechsler. Doch im Gegensatz zu den anderen, fühlte er sich auf den anderen Erden sofort zu Hause. So half er den verängstigten Kindern wieder auf die „Datum-Erde“ (wie sie seitdem hieß) zurück und wurde zum Helden des Wechseltages.
Seit diesem Tag bereisten mehr und mehr Menschen die „Lange Erde“ und ließen sich hier und dort nieder, um ein vollkommen neues Leben zu beginnen.
Ein reichliches Jahrzehnt später heuert der als menschliche Computer geltende Lobsang Joshua an, mit ihm gemeinsam die Lange Erde zu entdecken …

Was für eine geniale Idee! Unendlich viele Versionen unserer Erde, neben unserer Welt. Mit ihrer eigenen Vergangenheit, Geschichte und Evolution. Ganz einfach mittels eines kleinen Kästchens zu bereisen. Das hörte sich für mich nach einem großen Abenteuer an, zumal von Erfolgsautor Terry Pratchett geschrieben, der für seine humorigen wie originellen Storys bekannt ist.

Also begann ich voller Erwartungen zu lesen und wurde schon bald ernüchtert. In diesem Roman werden viele Geschichten nebeneinander erzählt, von vielen Personen bevölkert, die eine untergeordnete bis gar keine weitere Rolle in diesem Plot spielen. Joshuas und Lobsangs Geschichte ist nur eine von vielen, wenngleich die Gewichtigste, die zum Ende hin den Hauptpart ausmacht. Zu Beginn war ich jedoch von den vielen sich abwechselnden Perspektiven und Figuren ziemlich verwirrt und sah in manchen einfach keinen Sinn, warum diese jetzt erzählt wurden. Über den gesamten Roman hinweg werden manche dieser „losen Kapitel“, die zunächst gänzlich ohne Zusammenhang schienen, zu einem runden Ganzen verwoben, während andere auch bis zuletzt ohne Verknüpfung zum Plot blieben.

Zum Glück kristallisierte sich nach einem guten Drittel des Romans dann doch noch die Erzählung um Lobsangs und Joshuas Entdeckung der Langen Erde als der Hauptplot heraus und die gesamte Geschichte wurde langsam stimmiger und ruhiger. Allerdings für meinen Geschmack ein wenig zu ruhig, denn jegliche Spannungsmomente fehlten. Lange Zeit ist es eine bloße Verkettung von verschiedenen Welten, die die beiden mit ihrem Luftschiff überfliegen. Hier und da verharren sie in einer Welt, um sich diese genauer anzusehen. Da begegnen wir anderen humanoiden Lebensformen, saurierähnlichen Tieren und nahezu monsterähnlichen Wesen. Doch kaum kommt kurzzeitig doch mal ein wenig Spannung auf, ist der Moment auch schon vorbei. Dann geht die Reise weiter.

Natürlich ist es auf eine gewisse Art und Weise schön zu lesen, was für verschiedene Welten sich das Autorenduo Pratchett und Baxter ausgedacht haben, aber mir hat hier das Abenteuer gefehlt, denn von diesem war einfach keine Spur. Alles ging viel zu einfach und leicht vonstatten.
Hinzu kamen die Unmengen an wissenschaftlichen Erklärungen, wie dies oder jenes zustande gekommen sein mag, die ich irgendwann nur noch mehr oder weniger überlesen habe. Diese Textstellen sind für meinen Geschmack eindeutig zu lang und langatmig geraten. Da gibt es seitenweise Gespräche zwischen Lobsang, Joshua und anderen in denen alles mögliche vom wissenschaftlichen Standpunkt her analysiert und diskutiert wird.

Als sich dann gegen Ende doch ein Höhepunkt ausmachen ließ, nämlich eine namenlose Bedrohung, weshalb Wesen von anderen Welten Hals über Kopf fliehen, war ich doch gespannt. Was würde da kommen? Doch es kam leider nur wieder einmal Ernüchterung. Die Bedrohung ist zwar bedrohlich, aber nur ein bisschen und alles ist schnell gelöst … Dejá Vú.

Fazit: Vielleicht hatte ich zu hohe Erwartungen. Vielleicht ist Spannung nicht das, was dieses Buch erzählen und vermitteln möchte. Ich hatte mir mehr abenteuerliches Geschehen erhofft, wohingegen dieses Buch mehr vom Erkunden der zahlreichen Erdvarianten mit den unterschiedlichsten Entwicklungen erzählt und weniger von Abenteuerlichem. Dennoch bleibt „Die Lange Erde“ ein gut durchdachter, atmosphärischer Roman, der Pratchetts Erzähltalent durchscheinen lässt, und von Co-Autor Stephen Baxter wissenschaftlich stimmig bereichert wurde. Immerhin habe ich mich dennoch im Großen und Ganzen wohl gefühlt und würde möglicherweise auch zur Fortsetzung (wenn es denn eine geben sollte) greifen.