Die letzten Rezensionen

Category Archives: Kinder- Und Jugend

Rezension: Leigh Bardugo – Grischa – Goldene Flammen

Leigh Bardugo
Grischa – Goldene Flammen

Reihe: Band 1
Verlag: Silberfisch
Format: Hörbuch, 5 CDs, gekürzt
Erscheinungstermin: 09 / 2012
Preis: 19,99 €
ISBN: 978-3867421331

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Alina weiß, dass sie den Angriff der geflügelten Bestien, nicht überleben wird, dass sie hier und jetzt gemeinsam mit Maljen, ihrem besten Freund, in der dunklen Schattenflur den Tod findet. Doch wie durch ein Wunder überleben sie den grausamen Ansturm der dunklen Wesen, und mit ihnen weitere Soldaten und Grischa ihres magischen Schiffs, dass gen Westrawka unterwegs war. Alina kann kaum glauben, dass sie selbst alle gerettet haben, dass sie die erhoffte Sonnenkriegerin sein soll. Sie, dass verhärmte, einsame Waisenmädchen, soll das Land gemeinsam mit „dem Dunklen“, dem mächtigsten Magier Rawkas, einen und von dem schattenhaften, tödlichen Band erretten, dass das Land seit Generationen teilt. Alina wird an den Hof des Zaren gebracht, und fortan als eine Grischa unterrichtet. Doch ihre Magie kann sie allein nicht heraufbeschwören. Ein Hirsch aus einer uralten Herde, dem magische Kräfte zugeschrieben werden, und für Alina stets nur Mythos war, soll helfen, ihre Magie zu mehren und kontrollieren zu lernen. Doch will „der Dunkle“ Rawka wirklich retten oder Alina für seine eigenen Pläne benutzen?

Was für ein Buch! Endlich, endlich hat mich eine Geschichte wieder einmal gänzlich in seinen Bann gezogen und mehr noch, in vielerlei Hinsicht richtig begeistern können. Leigh Bardugo erzählt meisterhaft von Magie, von dunklen Bedrohungen, von Freundschaft und Liebe, von Angst und Schrecken und über allem das stets vorhandene russische Flair, dass die Kultur Rawkas und Eigennamen heraufbeschwören.

Der erste Band der „Grischa“-Reihe kommt sehr düster und trostlos und voller Gefahren daher, dass man Alina am liebsten dichtauf folgen und nicht von der Seite weichen möchte. In diese Dunkelheit, die gespickt ist mit düsteren, grauenhaften Kreaturen, die in einem Landstrich leben, der gänzlich in Düsternis liegt, setzt sie eine junge Frau, die mir selbst als Kind schon sympathisch war. Alina ist eine starke Persönlichkeit, die für meinen Geschmack nicht besser hätte getroffen sein können und die ich schnell ins Herz geschlossen habe. Sie handelt überzeugend, aus ganz menschlichen Beweggründen. In vielen Augenblicken ist Alina alles andere als eine starke Kriegerin, denn sie zweifelt lange an ihren Fähigkeiten und an sich selbst, nur um in den richtigen Momenten zu ihrer ganz eigenen Stärke zurückzufinden und zu wissen, wofür sich das Kämpfen lohnt. Auch vielen anderen Figuren hat die Autorin einen besonderen Glanz oder besondere Düsternis eingehaucht und mit allerlei Details ausgestattet.

Das Besondere an diesem Buch, neben einem ausgefeilten, fein gewobenen Plot, ist der rundherum gelungene Schreibstil, den man so selten in einem Jugendbuch findet. Es scheint, als hätte die Autorin jedes Wort genau bedacht. Hier ist weniger die moderne Jugendsprache zu finden, als eine fein modellierte Erzählweise, an der jedes Wort genau am richtigen Platz scheint und Wörter verwendet werden, die man sonst nicht in diesem Genre vorfindet. Ich habe es wirklich genossen, mal keinem „Jugendslang“ zu lauschen, und war wirklich oftmals positiv von der Wortwahl überrascht.

Das allergrößte Plus dieses Hörbuchs war für mich jedoch Sprecherin Cathlen Gawlich, die nicht nur meisterhaft in ihre Rolle geschlüpft ist, sondern dieses Buch zu einem echten Erlebnis werden ließ. Sie verleiht jeder einzelnen Stimme, eine besondere Nuance und scheint dabei maßgebend den Figuren Leben einzuhauchen. Catlen Gawlich verleiht dieser Geschichte eine besondere Intensität, und kann überzeugend die Emotionen der Figuren vermitteln. Durch ihre Erzählkunst – ja, man muss es wirklich so nennen – wurde das Bild Alinas und des ganzen Landes ein besonders intensives und bewegendes, von dem ich am liebsten immer mehr und mehr genossen hätte.

Fazit: Leigh Bardugo hat einen Roman mit solch erzählerischer Wucht geschrieben, dass ich nur wie gebannt an ihren Worten hängen konnte. Der russische Touch, die besondere Magie und Kultur des Landes Rawka und beeindruckende Figuren, die einem wirklich ganz vertraut werden, beweisen, dass die Autorin ein besonderes Gespür für eindrückliche, bewegende Geschichten hat. Dieser wunderbare Roman fand – zum Glück – eine genauso wunderbare Sprecherin, die nicht nur alles, alles richtig, sondern einfach grandios gemacht hat. Ich liebe dieses Hörbuch! (Und weil mir nicht nur das Hörbuch, sondern die ganze Geschichte ans Herz gewachsen ist, musste auch unbedingt die Buchausgabe mit diesem wunderschönen Cover her!)

Rezension: Rachel Vincent – Mit ganzer Seele – Soul Screamers 1

Rachel Vincent
Mit ganzer Seele – Soul Screamers

Reihe: Band 1
Verlag: Mira Taschenbuch
Format: broschiert, 304 Seiten
Erscheinungstermin: 10 / 2011
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3899419467

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Kaylee ist erstaunt, dass der tollste Typ der Schule im Club „Taboo“ ausgerechnet mit ihr tanzt. Es scheint ein wirklich guter Abend zu werden. Bis Kaylee einem Mädchen im Club begegnet und plötzlich weiß, dass dieses Mädchen sterben wird. Denn da sind diese Schatten, die es umgeben, und ein schrecklicher Schrei bahnt sich seinen Weg durch Kaylees Lungen. Doch anders als erwartet, hat sie den süßen Nash durch ihre Panikattacke nicht verschreckt. Er scheint sogar eine seltsame, beruhigende Wirkung auf Kaylee auszustrahlen und viel mehr zu wissen als er vorgibt. Denn Kaylee ist eine Banshee, sie besingt die Toten. Doch plötzlich sterben täglich junge Mädchen, und nur Kaylee und Nash ahnen, dass hier einiges nicht mit rechten Dingen zugeht …

„Mit ganzer Seele“ ist mir zuerst immer wieder in Buchläden oder auf Blogs begegnet. Doch zuerst fand ich den Klapptext etwas absurd und konnte mir nicht vorstellen, dass ein Mädchen, dass ständig schreien muss, eine charismatische, anziehende Protagonistin sein könnte. Als ich dann eines Tages doch einen Blick in die Leseprobe hinein warf, konnte ich plötzlich nicht mehr aufhören zu lesen, und als das Ende dieser ersten Seiten erreicht war, wollte ich unbedingt wissen, wie es weiterging. Ich muss zugeben, dass Kaylees „schreien“ keinesfalls absurd daherkam, vielmehr hat es Rachel Vincent wirklich gut verstanden, diese Gabe sympathisch darzustellen.

Das Thema an sich ist nicht gänzlich neu. Vorallem der Teenieteil – „begehrter Typ der Schule verliebt sich plötzlich in unscheinbares Mädchen“ – gleicht eher einem Traum, dem viele Mädchen nachhängen. Dennoch hat mich überrascht, dass die Autorin es geschafft hat, die Verliebtheit zwischen Kaylee und Nash nicht in den Vordergrund zu setzen, sondern vielmehr als überzeugende nicht zu schnulzige Liebesgeschichte zu erzählen. Kaylee und Nash waren mir schnell sympathisch und ihre Liebe kommt zwar etwas zurückhaltend daher, aber dafür umso glaubhafter. Den Großteil dieses Romans machte dann, sehr zu meiner Freude, das fantastische Geschehen aus. Die Geschichte um die Banshees wird detailreich und sehr ausgefeilt erzählt. Hier hat die Autorin viele schöne Ideen eingebracht, die mich immer mehr an die Geschichte fesselten, und schließlich wollte ich unbedingt wissen, was es mit den seltsamen Todesfällen auf sich hat. Rachel Vincent hat irische Mythologie, auf ihre eigene, sehr sympathische und einfallsreiche Weise, neu erzählt. Sie erzählt von dieser ganz eigenen Welt, die Kaylee, gemeinsam mit dem Leser Stück für Stück entdeckt, leichtfüßig und kurzweilig in einer jugendlich, oberflächlichen Sprache, die jedoch gut zum Roman passt.

Neben Kaylee und Nash, die mir bereits auf den ersten Seiten ans Herz gewachsen waren, kommen viele andere Figuren leider nicht ganz so gut weg. Einige von ihnen erschienen recht oberflächlich und blieben mir fremd. Nur sehr wenige Protagonisten wirkten vielschichtig gestaltet. Selbst mit Kaylees Familie, ihrem Onkel Brendon, Tante Val und ihrer Cousine Sophie wurde ich bis zum Ende hin nicht recht warm. Bei der Zeichnung der Charaktere hatte ich mir etwas mehr erhofft, wenngleich Rachel Vincent bei der ein oder anderen Figur neugierig auf mehr macht, denn man ahnt schon, dass es hier noch so manches Geheimnis zu entdecken geben wird.

Dennoch ist „Mit ganzer Seele“ ein Roman, in dem ich, an der Seite zweier charmanter Hauptfiguren, gern Zeit verbracht habe. Eine leise Spannung war durchaus immer zu spüren, und an manchen Stellen dieses Buches konnte und wollte ich die Geschichte nicht aus der Hand legen.

Fazit: „Mit ganzer Seele“ kommt mit einem ausgefeilten, in sich stimmigen Plot daher, der den irischen Mythos der Todesbotinnen geschickt aufgreift und auf einfallsreiche Weise in unsere heutige Zeit verwebt. Rachel Vincent erzählt eine kurzweilige Geschichte, die man schnell weglesen kann und in die man gern eintaucht. Die jugendliche Erzählweise macht es zwar möglich, dass man über die Seiten fegt, vermag es jedoch nicht ganz, dem Roman die nötige Tiefe zu verleihen, die ich mir gewünscht hätte. Einige Dialoge hätte ich mir hier gehaltvoller gewünscht. Obwohl dieses Buch also auch mit dem ein oder anderen Manko daherkommt, konnte es mich dennoch gut unterhalten. Gespannt auf den zweiten Band bin ich allemal und freue mich schon, bald mehr über Rachel Vincents Banshees zu lesen.

Rezension: Andrew Prentice, Jonathan Weil – Pandämonium – Die schwarzen Künste

Andrew Prentice, Jonathan Weil
Pandämonium – Die schwarzen Künste

Reihe: Band 1
Verlag: cbj
Format: gebunden, 480 Seiten
Erscheinungstermin: 02 / 2013
Preis: 16,99 €
ISBN: 978-3570136027

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Jack verdient seinen Lebensunterhalt als Mitglied der „Familie“ Sharkwells, des berüchtigten Ganovenoberhauptes Londons. Noch während seiner Aufnahmeprobe stiehlt er einem Mann den Geldbeutel, in dem sich auch eine Tabakpfeife befindet. Beim Ausleeren der Pfeife gerät etwas von dem Pulver in Jacks Auge, das augenblicklich beginnt, höllisch zu brennen und mit dem er plötzlich merkwürdige Dinge sehen kann. Als ein geheimnisvoller Priester Jacks Mutter tötet und von ihm jene Tabakpfeife fordert, gerät Jacks Leben endgültig aus den Fugen. Noch am Grab seiner Mutter schwört er Rache an dem Geistlichen, der sich schon bald als Nicholas Webb entpuppt, Jäger der Zauberer und Hexen. Doch Webb scheint ein falsches Spiel zu spielen, wie Jack schnell herausfindet. Denn an den grauenhaften Morden an Zauberern, die angeblich den Teufel beschworen, scheint er einen maßgeblichen Anteil zu haben. Als Jack überraschend Hilfe von keinem geringeren als John Dee, Hofzauberer der Königin, einem rätselhaften Spitzel, der ihm mehr als einmal das Leben rettet und einem noch merkwürdigeren Kobold erhält, scheint sich das Blatt zu wenden – zumindest für kurze Zeit. Denn Webb hat es nicht nur auf Jack abgesehen, er hat auch ganz eigene, dunkle Pläne … 

Im ersten Band der „Pandämonium“-Reihe beschwören die beiden Autoren ein sehr intensives, historisches Bild Londons herauf, dass mit vielen Details gespickt ist. An der Seite Jacks – einer Figur, die mir auf den ersten Seiten bereits richtig ans Herz wuchs – macht sich der Leser auf, vorallem den gaunerhaften Teil der alten Stadt zu entdecken. Denn Jack verdingt sich sehr erfolgreich als Taschendieb. Dieser Part des Buches, in dem wir Jack bei seinen Diebestouren und alltgäglichen Gaunereien begleiten, nimmt mehr als die Hälfte der Geschichte ein. Der Fantasypart, der von Dämonen und allerlei Magischem erzählt, kommt zuerst relativ kurz daher, und das, obwohl Jack schon relativ früh mit dem geheimnisvollen Pulver, das seine Augen für die Dämonenwelt „öffnete“, in Berührung kam.

Die Figuren dieses Romans wirkten sehr realistisch, manche düster, manche farbenfroh – alle jedoch sehr überzeugend. Da fühlte man sich in dieser dunklen, verborgenen Welt Londons schon bald so einigen Charakteren verbunden.

Wirkliche Spannung wollte sich bei mir jedoch über 2/3 des Buches nicht einstellen. Es war nicht so, dass ich die Geschichte nicht gern weitergelesen hätte, schließlich wollte ich wissen, in welche Situationen Jack noch geraten würde, und was es mit der geheimnisvollen Dämonenwelt auf sich hatte; vielmehr fühlte ich mich nicht so sehr an das Buch gebunden. Ich habe den Sog vermisst, der es einem kaum erlaubt, das Buch wegzulegen. Das mag vorallem daran gelegen haben, dass ich mir gleich zu Anfang und auch zwischendurch einfach mehr Magisches gewünscht hätte. Es ist zwar interessant zu lesen, wie und warum Jack und andere Mitglieder der Gaunerfamilie, Leute übers Ohr hauen, richtig fesseln konnten mich eben diese Ereignisse jedoch nicht. Die Momente, in denen er der Spur von Nicholas Webb und damit den seltsamen, übernatürlichen Geschehnissen immer näher kam, blieben sehr rar.
Dennoch ließ sich die Geschichte rasch weglesen. Das Autorenduo erzählt in einem leichten, sehr angenehmen Schreibstil, der es mir erlaubte, trotz mäßiger Spannung über die Seiten zu fegen.

Die Autoren werfen so manches kleinere, magische Ereignis in Jacks alltägliches Leben ein, die manchmal fast zufällig zu geschehen scheinen. Diese Geschehnisse spornten mich beim Lesen immer weiter an, warfen jedoch auch immer wieder neue Fragen auf. Leider werden manche davon, für meinen Geschmack nur unzureichend aufgeklärt. Völlig unklar blieb mir, was es mit dem seltsamen Pulver auf sich hatte, dass in Jacks Auge und auf seine Hand geriet, und das ihn fortan mit der Dämonenwelt in Berührung brachte.

Dann folgt das fulminante Ende – voller Magie, Teufelsbeschwörung und Tod, und ich muss zugeben, ich habe bis zum Schluss gehofft, dass neben dem Prolog auch vieles andere aufgeklärt würde. Doch wenngleich dieser würdige Höhepunkt des Romans, wirklich reich an magischen Bildern, rasant und detailreich erzählt wurde, warf auch dieser neue Fragen auf.

Fazit: „Pandämonium – Die dunklen Künste“ ist ein Buch, dass mir während des Lesens schon zwiespältige Gefühle bescherte. Denn obwohl Jacks alltägliches Leben als Gauner Londons in einer großen Familie aus Dieben, Schurken und Mördern durchaus unterhaltsam und abwechslungsreich gestaltet wurde, blieben mir die übernatürlichen, magischen Geschehnisse einfach zu wenig. Von Geistern, Dämonen, Teufeln und Kobolden wird zwar immer wieder mal kurz erzählt, dann jedoch das Augenmerk auf Jacks Suche nach Webb (die mehr so nebenbei geschieht) zurück geschwenkt. Das Ende beschert dann von allem etwas, und machte es mir fast unmöglich das Buch wegzulegen, dennoch habe ich vorallem im restlichen Buch, richtige Spannung sehr vermisst. Lesenswert ist dieses Buch jedoch trotzdem, denn dem Autorenduo ist es ausnehmend gut gelungen, ein dunkles, geheimnisvolles London heraufzubeschwören. Hinzu kommen Figuren, die wirklich fantastisch gezeichnet wurden, und die nicht zuletzt ihre Leser immer und immer neugieriger machten …

Rezension: Andrea Schacht – Kyria & Reb – Bis ans Ende der Welt

Andrea Schacht
Kyria & Reb – Bis ans Ende der Welt

Reihe: Band 1
Verlag: Egmont INK
Format: gebunden, 384 Seiten
Erscheinungstermin: 02 / 2012
Preis: 17,99 €
ISBN: 978-3863960162

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„Kyria & Reb“ war mein erstes Jugendbuch mit dystopischem Charakter aus der Feder Andrea Schachts. Und ich muss zugeben: ich war vollkommen in die Geschichte eingetaucht …

Als die siebzehnjährige Kyria erfährt, dass sie bald sterben wird, will sie nur noch eines: aus ihrem goldenen Käfig, des von Frauen regierten New Europe, entkommen. Denn ihre Mutter ist eine bedeutende Politikerin und eine Frau, die Kyria eigentlich kaum kennt. Da kommt ihr der junge Reb gerade recht, der mit bösen Wunden in dasselbe Heilungshaus eingeliefert wurde, in dem auch Kyria untergebracht ist. Gemeinsam flüchten die beiden aus dem Hospital in die Welt der Rebellen. Während Kyria zu ihrer Freundin Hazel in eines der entlegenen freien Reservate will, hat Reb eine wichtige Aufgabe. Schon bald findet Kyria heraus, dass sie mitnichten sterbenskrank ist, aber jemand aus New Europe ihren Tod will … und, dass Reb ihr mehr bedeutet als sie jemals gedacht hätte. Nach einer Pandemie auf der gesamten Welt, ausgelöst durch den Einsatz einer biologischen Waffe, ist die Zahl der Menschen weit zurückgegangen. Vor allem Männer sind der Krankheit zum Opfer gefallen. Seitdem beherrschen Frauen Politik, Wirtschaft, Religion – die gesamte Welt. Männer werden dank hormonangereicherter Nahrung zu verweichlichten, den Frauen nützlichen, Individuen, die niedere Arbeiten verrichten und Kinder zeugen dürfen. Aus der Geschichte hat man schließlich gelernt, denn Männer zettelten seit jeher brutale Kriege an. Doch sind Frauen an der Macht weniger korrupt? Ist dieses New Europe eine friedlichere Welt, in der Menschen dank persönlicher Ids ständig und zu jeder Zeit überwacht werden?

Andrea Schacht baut in diesem ersten Teil der Kyria-&-Reb-Reihe ein ungeheuer detailreiches und vielschichtiges Setting auf; so umfangreich, dass man kaum alle Zusammenhänge vollkommen begreift. Erst gegen Ende des Buches hatte ich den Eindruck weitgehend hinter das politische System und die „fremde“ Kultur gestiegen zu sein. Zum einen Teil ist es Segen; denn die komplexe Welt der siebzehnjährigen Kyria ist wirklich einfallsreich und sehr zukunft-fortschrittlich dargestellt. Zum anderen Fluch, denn gleichzeitig ist diese Welt manchmal schon etwas konfus.
Dennoch fand ich mich schon nach den ersten Seiten in dieser gänzlich fremden Welt wieder und war vollkommen gebannt. Mehr noch, konnte ich dieses Buch einfach kaum aus der Hand legen.

Es ist nicht so, dass mich die Charaktere gleich zu Beginn in ihren Bann geschlagen hätten. Gerade mit Reb hatte ich anfänglich so meine Probleme, wirkte er doch wortkarg, kalt und abweisend auf mich. Kyria hingegen war die perfekte „Elitezicke“, wie Reb sie immer wieder nannte und zu Anfang nicht vollkommen sympathisch für mich. Und trotzdem konnte ich nicht aufhören zu lesen. Zum einen mag dies an Andrea Schachts tollem, wirklich auf den Punkt gebrachten Schreibstil, liegen. Hier erscheint nichts plump, und auch nicht unbedingt jugendhaft. Die Schreibe der Autorin ist pointiert und auf das Wesentliche beschränkt. Hier ist kaum von ausladenden Beschreibungen zu lesen, und das hat mir wirklich gefallen. Dadurch fliegt man von Seite zu Seite und vergisst alles um sich herum.
Zum anderen fand ich diese Welt der Frauen, die die Männer zu Schoßhündchen reduziert hatten, diese Welt, die dennoch nicht ohne Korruption, Mord und Intrigen auskommt, interessant und facettenreich gestaltet. Hier ist nicht alles wie es scheint, und vieles „entdeckt“ man mit den beiden Hauptfiguren gemeinsam.
Und plötzlich hatte ich Kyria und Reb gern und wollte nicht mehr von ihrer Seite weichen, musste unbedingt erfahren, warum man Kyrias Leben bedrohte.
Letzteres erfährt man leider nicht in diesem Band, denn die Geschichte endet mit einem ziemlich fiesen Cliffhanger, so dass ich die letzte Seite gelesen hatte und am liebsten sofort (und nahtlos) im nächsten Teil weitergelesen hätte (ich überlege tatsächlich noch, ob ich Band 2 möglichst bald ordern soll, denn dieses Buch hier hatte ich lediglich geliehen).

Kyria und Reb haben sich für meinen Geschmack während der gesamten Geschichte weiter entwickelt, und wurden mir nahezu mit jedem Kapitel sympathischer. Auch andere Charaktere trugen zu einer dichten, atmosphärischen und fesselnden Geschichte bei. Und obwohl ich mir wirklich den Kopf zerbrochen habe, warum die Geschichte mich so fesselte, kann ich es nicht gänzlich genau benennen. Es ist nicht so, dass die Ereignisse dieses Buches mir den Atem geraubt hätten, es passiert nichts Schlag auf Schlag. Und doch hat diese Geschichte für mich vorallem eines: Charme.

Fazit: Andrea Schacht hat mich mit diesem ersten Band ihrer dystopischen Jugendbuch-Reihe um die beiden Jugendlichen Kyria und Reb wirklich in den Bann gezogen. Ein ausgeklügelter Plot, der zwar manchmal etwas vorhersehbar war, mixte sie mit einer wunderbar ausgefeilten Darstellung einer zukünftigen Welt. Die Liebesgeschichte, die natürlich nicht fehlen darf, mag schon zu Anfang absehbar sein. Doch die Art und Weise, wie Andrea Schacht Kyria und Reb trotz ihres Schicksals zueinander finden lässt, strahlt einen gewissen Zauber aus, dem man sich wohl kaum entziehen kann. Ich hätte mir ein weniger dramatisches, offenes Ende gewünscht. Für mich sticht diese Reihe aus der Masse der Dystopien eindeutig heraus.

Rezension: Stefan Seitz – Die Gipfel der Schwefelzinnen – Das Unkrautland 3

Stefan Seitz
Die Gipfel der Schwefelzinnen
Das Unkrautland

Reihe: Band 3
Verlag: Cleon Verlag
Format: gebunden, 303 Seiten
Erscheinungstermin: 11 / 2011
Preis: 14,95 €
ISBN: 978-3981317152

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Kaum sind Miss Plim und Primus von Ihrer Reise zur Schwarzen Hütte zurück, stehen Neuigkeiten ins Haus: der finstere Rabenstein scheint zurückgekehrt! Eile ist geboten, denn auch Rabenstein hat es auf die Nebelfee abgesehen. Doch anders als Plim und Primus, will er diese für seine eigenen dunklen Zwecke missbrauchen. Mithilfe des Buches von Magnus Ulme, dass den Weg ins Reich des Eiskönigs weist, machen sich die beiden also auf, die Nebelfee aus ihrem Gefängnis zu befreien. Es hätte so einfach werden können: gemütlich hätten die beiden auf Plims Rennbesen durchs Gebirge düsen und gefährliche Strecken meiden können. Aber natürlich kommt alles anders …

„Die Gipfel der Schwefelzinnen“, den mittlerweile dritten Band um das Unkrautland und seine skurrilen Bewohner, habe ich sehnsüchtig erwartet. Denn mit den beiden Vorgängerbänden konnte mich Autor Stefan Seitz vollends in seine ungewöhnliche Welt des Unkrautlandes entführen, und ich habe an beiden Büchern meinen Spaß gehabt. Dieses vorliegende Buch jedoch, ließ mich schnell etwas enttäuscht zurück. Denn obgleich ich auch hier wieder den Charme von Seitz’ erfundener Welt vorfand, und gern zwischen Plim und Primus weilte, die in diesem Band nicht minder verschroben daher kommen, wollte sich bei mir einfach keine Spannung einstellen.

Natürlich macht sich der Leser auch in diesem Band an der Seite der ungewöhnlichen Hexe Plim und dem noch merkwürdigeren Primus auf den Weg in ein neues Abenteuer. Aber für meinen Geschmack gab es in diesem Buch weniger wunderliche Gegenden und Bewohner des Landes zu entdecken. Die Abenteuer bleiben ziemlich lahm und wollten mich nicht so recht fesseln. Auch die Figuren werden fast eilig skizziert, so dass sie recht oberflächlich blieben.

Dennoch habe ich mich in diesem Buch wieder wohl gefühlt. Auch wenn das Geschehen sich ziemlich in die Länge zog, so habe ich mit Plim und Primus gerne die Strapazen dieser Gebirgswanderung auf mich genommen. Ich bin mit ihnen vor Trollen geflohen und habe mich schlussendlich an ihrer Seite Rabenstein entgegen gestellt. Und ganz anders als von mir erwartet, entdecken die beiden Freunde, auf den letzten Seiten des Buches, doch noch die Nebelfee in den eisigen Hallen des Eiskönigs.

Fazit: Stefan Seitz und seine Unrkrautlandbücher haben mich in der Vergangenheit sehr begeistern können. Doch anders dieser dritte Teil der Reihe. Die Abenteuer erschienen mir nicht abenteuerlich genug, wenngleich der Autor auch hier wieder mit einigen frischen Ideen aufwartet. Denn auch wenn Primus und Plim so manchem seltsamen Bewohner begegnet sind und neue Gegenden erforschten, blieb mir das alles etwas farblos und oberflächlich erzählt. Da fehlte mir ein wenig Lebendigkeit, und auch von Stefan Seitz’ ganz eigentümlichem Sprachwitz, der mich in Band 1 + 2 richtig zum Lachen brachte, ist in dieser Geschichte nur wenig zu finden. Natürlich sind manche Stellen lustig zu lesen, der Humor fehlt also nicht ganz, und doch reicht die Geschichte für meinen Geschmack an Genialität, Einfallsreichtum und Witz lange nicht an die Vorgängerbände heran.