Die letzten Rezensionen

Category Archives: Unterhaltung

Rezension: Jojo Moyes – Ein ganzes halbes Jahr

Jojo Moyes
Ein ganzes halbes Jahr 

Verlag: Rowohlt Polaris
Originaltitel: Me Before You
Format: broschiert, 512 S.
Erscheinungstermin: 03 / 2013
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3499267031

» Kaufen:

Louisa ist sechsundzwanzig als sie ihren Job in dem kleinen Café verliert. Ihre beruflichen Chancen stehen furchtbar schlecht, denn gute Arbeit gibt es nicht. Als sie die, für ein halbes Jahr befristete, Stelle als Pflegehilfe eines Tetraplegikers erhält, ist sie unheimlich dankbar, denn Louisas Familie braucht das Geld dringend. Louisa ist zunächst erstaunt, dass es sich bei ihrem Schützling um einen Mittdreißiger handelt, der seit einem grauenhaften Unfall nur noch seinen Kopf uneingeschränkt bewegen kann. Doch Will reagiert alles andere als wohlwollend auf sie und macht ihr das Leben zuerst buchstäblich zur Hölle. Nach und nach jedoch kann Louisa Wills harte Schale brechen und zwischen ihnen entwickelt sich eine vorsichtige, gegenseitige Anerkennung. Als Louisa erfährt, dass Will nach diesen sechs Monaten sterben will, setzt sie alles daran, ihn umzustimmen. Womit sie niemals gerechnet hätte, ist, sich in den gutaussehenden Will Traynor zu verlieben …

Es ist schwer, für dieses wundervolle Buch die richtigen Worte zu finden. Es gibt nur ein einziges anderes Buch, dass mich bisher während des Lesens so leiden ließ, so schluchzen und mich so fix und fertig mit der Welt zurückließ. Selbst Tage nach Beenden dieses Romans ertappe ich mich immer wieder dabei, wie ich über dieses oder jenes Gelesene nachgrübele, mich an die Figuren erinnere und bin erstaunt, dass ich immer noch tieftraurig bin.

Jojo Moyes bringt in dieser Geschichte die unterschiedlichsten Figuren zusammen, die alle durchweg durch ihre Detailfülle, ihre Tiefe und Emotionalität begeistern können. Sie hat es geschafft, jedem einzelnen Charakter soviel Lebendigkeit einzuhauchen, dass man sie alle irgendwie richtig lieb gewinnt, und man sehr, sehr gerne Zeit an ihrer Seite verbringt.
Da wäre Louisa, deren Leben zu einer Art Stillstand gekommen ist. Sie weiß im Unterbewusstsein, dass sie ihren Freund Patrick eigentlich nicht liebt, dass sie mehr aus ihrem Leben machen müsste, doch sie traut sich nicht, und wagt nicht aus ihrer „Kuschelecke“ (wie es Will treffend benennt) auszubrechen. Erst Will schafft es, sie aufzurütteln, ja, ihr die ganze Welt zu Füßen zu legen. Ich habe mich ihr so nah gefühlt, dass sie mir während des Lesens zur besten Freundin wurde, und ich mich abends unheimlich gefreut habe, zu ihr zurückkehren zu dürfen.
Will hingegen, ist das ganze Gegenteil von Louisa. Vor dem Unfall hat er hart für seine Ziele und Träume gekämpft, war überall beliebt, hat Berge bestiegen, und so viele Abenteuer erlebt, wie sie ein Anfang Dreißigjähriger wohl kaum sonst benennen kann. Seit dem Unfall lebt er in der Klarheit, dass er dieses neue Leben, in dem er nichts mehr selbst bestimmen und kontrollieren kann, in dem er rund um die Uhr von anderen abhängig ist, nicht leben kann. Wills Figur ist für mich die eindrucksvollste Zeichnung eines Protagonisten, die ich seit langem mitverfolgen durfte. Sein innerer Konflikt, die Ohnmacht, der Schrecken seiner derzeitigen Situation wurde mir so schmerzlich und auf so eindrucksvolle Weise bewusst, dass ich mit ihm geradezu seelisch mitgelitten habe. Fortan werde ich Menschen mit Behinderung wohl mit ganz anderen Augen sehen, und weiß, dass sie von uns allen eigentlich die Stärksten sind.
Die Autorin hat Lou und Will bewusst in zwei völlig verschiedenen Welten aufwachsen lassen. Während Wills Familie wohlhabend ist und alles selbstverständlich nimmt, muss Louisas Familie um jedes bisschen Glück im Leben kämpfen. Beide Familien könnten nicht unterschiedlicher sein und Louisa überzeugt Will ein ums andere Mal, dass sie sich unter „normalen“ Umständen niemals kennengelernt hätten, allein schon wegen ihrer völlig verschiedenen „Klassenherkunft“.

Jede Figur dieses Romans wird mit derselben erzählerischen Wucht gezeichnet, die Jojo Moyes auch für jedes Detail ihrer Geschichte aufbringt. Hier sind es die vielen Kleinigkeiten, die vielen Dinge, die zwischen den Zeilen stehen, die diese Geschichte nicht nur autenthisch, sondern so mitreisend, so bewegend macht. Die Autorin hat ihren Plot mit vielen Puzzleteilchen ausgelegt, so dass diese Geschichte eine enorme Lebendigkeit ausstrahlt, die mich letztendlich so voller Emotionen und Traurigkeit zurückließ.

Ich konnte mir bisher ein Leben mit solch einer schweren Behinderung wie der Tetraplegie nicht wirklich vorstellen. Was es für einen Menschen wie Will heißt, nur noch den eigenen Kopf und die Fingerspitzen ein wenig bewegen zu können, und auf ständige Hilfe angewiesen zu sein, war für mich unvorstellbar. Jojo Moyes hat es geschafft, dass ich einen so klaren Einblick in Wills Leben mit Behinderung erhielt, vorallem auch in seine Gefühlswelt, dass ich jetzt vieles mit anderen Augen sehe, vieles verstehe. Es ist beeindruckend wie sensibel und doch furchtbar ehrlich sie Wills Leben als Tetraplegiker beschrieben hat.

Die Liebesgeschichte zwischen Will und Louisa ist wohl fast einzigartig zwischen zwei Buchdeckeln. Sie beginnt nicht wirklich irgendwo, vielmehr ist es ein schleichender Prozess, der von gegenseitiger Ablehnung, zu Anerkennung, Verständnis, Freundschaft und schließlich Liebe wächst. Eine Liebe, die über jedes Körperliche hinausgeht und nur zwei Seelen verbindet. Ich fand es wunderbar, bei dieser Entwicklung dabei zu sein.

Nach dem Lesen klingen viele Eindrücke, Emotionen und Ereignisse in mir nach und ich werde wohl noch Wochen über dieses Buch grübeln, es verdauen und um den Verlust der Figuren trauern. Ja, ehrlich, sie fehlen mir und ich würde am liebsten das Buch gleich nochmal von vorn beginnen. Denn trotz des wirklich traurigen Themas, habe ich dank der vielen witzigen Dialoge manchmal laut loslachen müssen und das Geschehen wirklich gerne gelesen.

Fazit: „Ein ganzes halbes Jahr“ ist ein Buch, dass wohl nahezu jeden Menschen ein Stück weit verändert. Ich habe zwei wundervolle Figuren kennenlernen dürfen, die mir wirklich sehr, sehr ans Herz gewachsen sind; mit denen ich gelacht, gehofft, gebangt und schrecklich geheult habe. Auch wenn es keine leichte Kost ist, ist es eines der großartigsten, gefühlvollsten, wahrsten Bücher, die ich bisher gelesen habe, und eines, dass so ist wie kein anderes zuvor. „Eine Liebesgeschichte, anders als alle anderen.“ Es ist kaum möglich für diesen wunderbaren Roman die richtigen Worte zu finden, und das auszudrücken, das mich bewegt und bereichert hat. Eine fantastische, großartige, wunderbare Geschichte!

Rezension: Katja Berlin – Cat Content – SMS von meinem Kater

Katja Berlin
Cat Content
SMS von meinem Kater
 

Verlag: Rowohlt
Format: broschiert, 224 S.
Erscheinungstermin: 04 / 2013
Preis: 8,99 €
ISBN: 978-3499604522

» Kaufen:
Schonmal versucht, der eigenen Katze SMS schreiben beizubringen? Nein? Lasst es lieber! Denn was dabei herauskommt, hat Katja Berlin am eigenen Leib erfahren. Denn seitdem ihr Kater simsen kann, folgt eine SMS nach der anderen … 

Seien wir ehrlich: Katzen können weder SMS schreiben, im Internet surfen, noch Buchrezensionen schreiben. Und doch überrascht uns Autorin Katja Berlin mit einer amüsanten, witzigen und überaus schrägen Sprüchesammlung. Falls Katzen irgendwann also tatsächlich die Technik entdecken und lernen, mit uns zu kommunizieren, dann könnten Gespräche wie diese hier zur normalsten Sache der Welt werden:

„Puh, der Hausmeister hat mir eben den Schrecken meines Lebens eingejagt.“
„Was hat er gemacht?“
„Er meinte, wir hätten ein Mäuseproblem. Aber ich habe nachgeguckt, es sind noch genug da.“

Bis dahin, kann man in diesem kleinen Schmöker herzhaft ablachen und sich richtig wohl fühlen. Denn während der Kater mitunter recht philosophisch über sein Leben grübelt, muss Frauchen immer wieder bereuen, dem Stubentiger das Simsen beigebracht zu haben.

„Kannst du mir bitte, bitte einen riesigen Kratzbaum schenken?“
„Nein. Wieso? Du schenkst mir auch nie was.“
„Natürlich! Allein diesen Sommer zwei Spatzen, eine Amsel und neun Mäuse.“
„Es waren zum Glück nur fünf Mäuse und zwei Spatzen.“
„Du hast wohl schon länger nicht unter die Couch geguckt, was?“

Fazit: „Cat Content – SMS von meinem Kater“ hat mich fabelhaft unterhalten; ich habe gelacht, gegrinst und mich pudelwohl dabei gefühlt. Und wenngleich nicht jede Seite herrlich skurrile Dialoge bereithält, kann man über viele einfach nur schmunzeln. Ein kleines Buch zum Abschalten und Kichern – und für Katzenfans sowieso ein Muss.

Rezension: Alex Morel – Survive – Wenn der Schnee dein Herz berührt

Alex Morel
Survive – Wenn der Schnee dein Herz berührt  

Verlag: Egmont INK
Format: Hardcover, 256 S.
Erscheinungstermin: 01 / 2013
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3863960476

» Kaufen:
Was für ein tolles Buch! 

Klapptext:
Das hochdramatische Abenteuer einer starken Heldin, die im erbitterten Kampf ums Überleben zu sich selbst findet und dabei ihrer großen Liebe begegnet. Aufreibend, ergreifend und herzzerreißend! Wie durch ein Wunder überlebt Jane einen Flugzeugabsturz mitten in den Rocky Mountains. Ironie des Schicksals – genau für diesen Tag hatte sie ihren Selbstmord geplant. Außer Jane hat es nur noch ein einziger Passagier geschafft: Paul. Gemeinsam schlagen sich die beiden Teenager durch die eisige Wildnis, und dabei erkennt Jane zum ersten Mal seit Langem: Sie will leben. Das ist vor allem Paul zu verdanken, der ihr Bestes zum Vorschein bringt. Nie zuvor hat Jane so etwas für jemanden empfunden, und für diese unverhoffte Liebe wächst sie über sich selbst hinaus …
(normalerweise gebe ich selbst eine kurze Inhaltsangabe; aber der Klapptext trifft den Inhalt einfach perfekt :-) )

All jene, die in diesem Buch ein großes Abenteuer mit allerlei Wendungen erwarten, werden von der Geschichte wahrscheinlich enttäuscht sein. Ich bin mit relativ geringen Vorstellungen an dieses Buch herangegangen, und habe einfach versucht, mich darauf einzulassen, egal, was ich vorfinden würde. Und – ganz ehrlich – ich fand die Geschichte wirklich wunderbar!

Alles in allem sind wir in diesem Roman ganze 6 Tage lang an Janes Seite. Zuerst begleiten wir sie bei ihren Selbstmordplanungen. Und dann, nach dem Flugzeugabsturz, versuchen wir gemeinsam mit ihr und Paul irgendwie am Leben zu bleiben. Das Buch ist gespickt mit den aufwühlenden, manchmal etwas chaotischen Gedanken Janes. Ich denke, dass ist der Hauptpart dieses Romans, das Erstaunen darüber, dass sie plötzlich nicht mehr sterben will und der Versuch, diese neuen Gedanken und Gefühle in ihr zu verstehen. Hier werden viele Erinnerungen an Gespräche mit ihrem Psychologen eingestreut, die manchmal in den Vordergrund zu rücken scheinen, während das tatsächliche Geschehen etwas in den Hintergrund gerät. Aber das fühlte sich für mich dennoch rund an und passte zum Ganzen. Wir lernen Jane dadurch viel, viel besser kennen und entdecken, was für ein Mensch sie eigentlich ist, und wie sie sich schließlich ändert, ja, fast „neugeboren“ wird. Alex Morel ist es hier wirklich fantastisch gelungen, seinen Figuren Leben einzuhauchen, sie überzeugend darzustellen und dem Leser schließlich ans Herz wachsen zu lassen.
Während dieser 6 Tage habe ich mit Jane und Paul gelitten, gebangt und gefiebert. Die beiden und ihre beginnende Liebe gingen mir sehr nah und schafften es, mich sogar über das Buch nachgrübeln zu lassen, während ich nicht las.

Der Weg vom Berg wird eindringlich beschrieben. Die Strapazen, die Kälte, Durst und Hunger – das alles erlebte ich beinah am eigenen Körper, während ich in dieser Geschichte völlig gefangen war und flott über die Seiten huschte. Nicht nur, dass Alex Morel einen sehr angenehmen Erzählton anschlägt, er schafft es die eisige Umgebung der schroffen Berge, die Nervösität und stellenweise Hilflosigkeit der Figuren sehr lebendig zu zeichnen. Hier fühlt sich einfach alles echt an.

Kleinere Unstimmigkeiten haben mich dennoch manchmal innenhalten lassen. Die am häufigsten vertrene war wohl das Bestimmen der Temperatur ohne Thermometer. Das klang für mich nicht nach einem Gefühl, dass die beiden Figuren hatten, sondern es war eben ein Tatsache; und das kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass man das „wissen“ kann.
Doch trotz dieser kleinen „Holprigkeiten“, war ich völlig in dieser Geschichte eingetaucht, habe Seite um Seite verschlungen, und am Ende den Autor nahezu verwünscht, denn er bescherte dem Buch einen Schluss, der zwar während des Lesens erkennbar war, trotzdem habe ich einfach immer weiter gehofft.

Fazit: „Survive“ ist ein unheimlich klarer, stiller und aufwühlender Roman, über zwei Menschen, die ihre Liebe zueinander in einem der schrecklichsten Augenblicke ihres Lebens finden und dabei dem Tod ins Auge blicken. Es erzählt von einem gefahrvollen Marsch quer durch die Wildnis, von der Gefahr zu Tode zu stürzen, zu erfrieren, zu verdursten, zu verhungern und verlassen von all jenen Menschen, die man liebt, mitten im Nirgendwo einfach zu sterben. Eine Geschichte, die mich sehr beeindrucken konnte und mich gleichzeitig wirklich, wirklich traurig machte.

Rezension: Eowyn Ivey – Das Schneemädchen

Eowyn Ivey
Das Schneemädchen 

Verlag: Kindler
Format: gebunden, 464 S.
Erscheinungstermin: 09 / 2012
Preis: 19,95 €
ISBN: 978-3463406213

» Kaufen:

Mabel und Jack haben kurzerhand ihr altes Leben zurückgelassen, um in Alaska völlig neu anzufangen. Zu schmerzlich sind all die Erinnerungen an ihr altes Leben. Doch anders als erwartet, ist die neue Heimat unwirtlich und rau und verlangt den beiden viel mehr ab, als sie dachten. Auch Kummer und Leid ihrer Vergangenheit scheinen sie bis in dieses entfernte Land verfolgt zu haben. Als dann die ersten Schneeflocken des Jahres fallen, balgen sich Mabel und Jack ausgelassen im Schnee und bauen einen Schneemann. Was jedoch als Schneemann begann, wird schließlich zu einem Schneemädchen und die beiden sind seit langem wieder einmal glücklich. Seltsam nur, dass das Schneemädchen am nächsten Morgen samt Schal und Fäustlingen verschwunden ist. Dafür taucht am Waldrand des öfteren ein Mädchen auf, scheu und rätselhaft. Mabel und Jack schaffen es, ihr Vertrauen zu gewinnen und doch bleiben soviele Fragen. Woher stammt das Kind? Und warum verschwindet es mit dem letzten Schnee im Frühling?

„Das Schneemädchen“ ist ein Buch, dass mich mit voller Wucht getroffen hat.
Zum einen war ich den starken Emotionen erlegen, die Autorin Eowyn Ivey in dieser Geschichte heraufbeschwört. Die Gefühle der Figuren, ihre Ängste und Sehnsüchte erscheinen während des Lesens so real, dass hierdurch auch die Charaktere an Detailtreue gewinnen. Schon bald ist man Mabels und Jacks ständiger Begleiter, macht alle Höhen und Tiefen mit ihnen durch, und versucht die schmerzliche Vergangenheit, die immer wieder in die Gegenwart eingreift, ebenfalls irgendwie zu verarbeiten. Während man zu Anfang des Buches die graue Trostlosigkeit, die das Ehepaar in ihrem Inneren gefangenhält, richtiggehend spüren kann, merkt man wie diese mit den Jahren immer leichter wird, wie die beiden nach und nach wieder glücklicher werden. Diese Veränderung zu erleben, war wunderschön und stimmte mich froh, denn schon lange hing ich an den Zeilen der Autorin wie eine Ertrinkende und hoffte inständig, dass es doch ein Happy End geben möge.

Die Autorin schafft es ausnehmend gut, nicht nur von Figuren zu erzählen, die einem schon bald sehr, sehr nahestehen, sie beschreibt dieses Land am Ende der Welt so eindrucksvoll, dass ich schon ein bisschen Sehnsucht bekam. Eowyn Ivey ließ Bilder Alaskas in meinem Kopf entstehen, die mich faszinierten, fort zogen und mich so wunderbar die Weite dieses Landstrichs aber auch dessen Härte spüren ließen.

Doch der besondere Zauber dieser Geschichte, liegt in der Beschreibung des Schneemädchens Faina, von dem man sich nie sicher ist: ist es Sagengestalt oder Mädchen aus Fleisch und Blut? Die Autorin erzählt von diesem eigentümlichen Mädchen auf besondere, magische Weise, so dass man sie zwar ebenfalls augenblicklich ins Herz schließt, man sich ihrer Herkunft jedoch nie ganz sicher sein kann. Manches Mal dachte ich, Faina müsse ein ganz normaler Mensch sein, dann wiederum zerstreute Eowyn Ivey meine Sicherheit mit Erzählungen, die mich wieder mehr glauben ließen, das Mädchen, dass schließlich zu einer jungen Frau heranwächst, müsse eine magische Märchengestalt sein, geboren aus einer tiefen Sehnsucht heraus. Bis zum Ende und auch darüber hinaus, habe ich die Antwort nicht wirklich gefunden und weiß nur eines sicher: dieses Buch endet genauso eindringlich, wie es begonnen hat.

Fazit: Eowyn Ivey erzählt mit ihrem Roman die Geschichte eines russischen Märchens neu und legt so viel Liebe, Einfühlungsvermögen und eine unglaubliche Emotionalität in ihre Erzählung, dass man als Leser von diesem Buch einfach nur gefangen und schlichtweg verzaubert sein kann. Die Autorin schafft es, eindrückliche Bilder Alaskas im Leser heraufzubeschwören und eine ganz besonderen Magie zu erschaffen. „Das Schneemädchen“ bewegte mich während des Lesens und auch dazwischen und ich wünschte mir so sehr, diese Geschichte möge niemals zu Ende sein. Und doch kam der Schluss unaufhaltsam und ich hätte am liebsten gleich noch einmal von vorn begonnen, mich nochmal vom besonderen Erzähltalent dieser Autorin gefangennehmen lassen.

Rezension: Nicolas Barreau – Das Lächeln der Frauen

Nicolas Barreau
Das Lächeln der Frauen

Verlag: Osterwold audio
Format: Hörbuch, 5 CDs, gekürzt
Erscheinungstermin: 10 / 2012
Preis: 14,99 €
ISBN: 978-3869521466

Kaufen:

Es ist ein schwarzer Tag für Aurélie gewesen als sie ziellos durch Paris streift. Ihr Freund hat sie verlassen und sie ist so unsagbar traurig. Mehr durch Zufall in eine kleine Buchhandlung getrieben, entdeckt Aurélie ein Buch, dass ihr Leben verändern sollte. Nicht nur, dass es sie ihre Schwermütigkeit vergessen lässt, sie ist plötzlich so neugierig auf den Autor dieses Romans, denn „Das Lächeln der Frauen“ handelt von ihr selbst! Aurélie setzt alles daran, den englischen Schriftsteller kennenzulernen. Doch an diesen heranzukommen ist alles andere als einfach, scheint er doch von seinem französischen Lektor André Chabanais abgeschottet zu werden. Wenn Aurélie nur wüsste, dass es den englischen Autor nie gab …

Aurélie ist die zarte, sehr sensible Köchin in ihrem eigenen Restaurant, dem Erbe ihres kürzlich verstorbenen Vaters. André der rauchende, zu viel arbeitende Lektor eines französischen Verlages, der die Anforderungen seines Verlegers kurzerhand selbst erfüllt hat. Als dann sein Buch „Das Lächeln der Frauen“ ein Bestseller wird und nicht nur Presse, sondern auch Verlag dem nicht-existierenden englischen Autor mehr Aufmerksamkeit schenken als geplant, geht es für ihn um Kopf und Kragen. Außerdem ist da die reizende Aurélie, für die er soviel mehr empfindet. Doch sie darf nicht erfahren, dass André der eigentliche Autor jenes Buches ist, in dem sie sich selbst erkannt hat.

„Das Lächeln der Frauen“ ist eines dieser Bücher, bei dem man fast zu Anfang schon genau weiß, wie es ausgehen wird. Es ist also keine atemlose Spannung, die dieser Roman verspricht, sondern vielmehr ein angenehme Unterhaltung. Denn wenngleich der Plot vorhersehbar und an manchen Stellen wohl auch nicht ganz ernst zu nehmen ist, bleibt es eine feine, zu Herzen gehende Geschichte, auf die man sich jedoch einlassen können muss.

Erzählt wird aus zwei verschiedenen Perspektiven, der von Aurélie und André, und wechselt immer wieder ab. Das verschafft dem Roman ein starkes Plus, denn als Leser liest man manche Handlung doppelt, eben aus zwei verschiedenen Blickwinkeln. Durch das Hörbuch war mir André sympathischer als Aurélie. Denn Andreas Fröhlich liest als wäre er selbst die Hauptfigur. Obwohl man schon zugeben muss, dass das mit „lesen“ nicht mehr viel zu tun hat, vielmehr schauspielert er gekonnt seine Rolle und überzeugte mich dabei auf ganzer Linie. Der weibliche Part, gesprochen von Stefanie Stappenbeck, kam da viel behäbiger daher. Hier habe ich das „Lesen“ förmlich gespürt, und erst zum Ende hin merkte ich, wie die Sprecherin endlich richtig in ihre Rolle fand.

Ich habe mich kurzweilig unterhalten gefühlt und musste zwischendurch schon mal laut loslachen. Es ist so herrlich zu erfahren, in welche schwierigen Situationen André sich selbst bringt, als er versucht das Herz von Aurélie zu gewinnen und den englischen Autor Robert Miller – und damit sein alter Ego – auszustechen. Da beweist auch der Autor Nicolas Barreau so allerhand Ideenreichtum. Das Ganze gewürzt mit dem richtigen französischen Flair, dass unweigerlich aufkommt, hat mir wirklich Spaß gemacht, zu hören.

Fazit: Dieses Hörbuch hat mich wirklich überrascht. „Das Lächeln der Frauen“ bietet eine nette, sehr unterhaltsame Geschichte über zwei Figuren, die sich schlussendlich – und über so manches Hindernis hinweg – finden. Die französische Atmosphäre verleiht diesem Roman etwas ganz eigenes, sympathisches. Man hat die Figuren Aurélie und André einfach schon bald richtig gern. Doch vielmehr als von der Geschichte selbst, war ich positiv überrascht von der großartigen Erzählweise von Sprecher Andreas Fröhlich. Er lebt geradezu seine Rolle, betont an den richtigen Stellen … er spricht seine Figur nicht nur, eher scheint es, dass er kurze Zeit André Chabanais WAR. Wirklich erstaunlich. Gegen diesen starken Sprachpart wirkt die Stimme von Sprecherkollegin Stefanie Stappenbeck gemächlich und blass. Und am Ende ist man selbst glücklich, dass alles gut ausgegangen ist.